Die Armee (und ich) an der Expo64 in Lausanne ...     
 ... im Rückblick nach 50 Jahren                          

     
    

Ob überhaupt - und wenn ja in welcher Form - die Schweizer Armee an einer  Landesausstellung teilnehmen soll, wurde immer heftig diskutiert. Das war auch 1964 nicht anders. Fast in letzter Minute wurde damals noch ein eigener Pavillon - der "Igel" (Bild) - beschlossen, der in sechs monatlichen Ablösungen je durch einen Oberst, sieben Leutnants, sowie von einem Wachtmeister, drei Angehörigen des damaligen Frauenhilfsdienstes, sechs Festungswächtern und neun aus den verschiedensten Dienstellen der Armee stammenden Filmoperateuren zu betreuen war.  

    

     
    

Nicht nur um die Welt der Expo auch in den Nächten (Bild) erleben zu können, gehörte ich während den ersten zwei Ablösungen als Fliegerabwehr-Leutnant ebenfalls dem Team an.
Der Dienst als "ausserordentlicher Instruktor" zu einem Tagesansatz von 28 Franken und freier Unterkunft begann am 29. April in der Schalterhalle des Bahnhofs Lausanne. Oberst Zimmermann, der Koordinator der Militärverwaltung für die Expo, empfing uns dort.

    

Gerne hätte er dies bereits im "Igel" getan, sagte er, dort herrsche aber noch ein ziemliches Chaos. Für die eintägige Einführung in unsere Aufgaben zügelten wir also in die Kaserne. Aber auch zur Eröffnung der Ausstellung am nächsten Tag war noch nicht alles fertig gestellt; der Bauführer gab sich jedoch viel Mühe, möglichst rasch einen geordneten Betrieb garantieren zu können. Er hatte auch für unsere vielen zusätzlichen Wünsche - insbesondere im Eingangsbereich (Bild) - ein offenes Ohr. Aber auch die Gestalter der Ausstellung wollten in letzter Minute noch einige Verbesserungen.

    

    
    
So sollte der Teil "Bedrohung" (Bild) noch etwas eindrücklicher werden. Danach mussten dann allerdings einige Kanten wieder entschärft werden. Auch wurde bemängelt, dass sich das grosse Relief der Schweiz, das die Wartehalle vor dem Filmsaal schmückte, zu wenig vom Hinter- und vom Untergrund abheben würde. Unter dem Relief wurde ein strukturierter, schwarzer Bodenbelag verlangt. In der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit konnte dies nur mittels einer Aufschüttung aus Kohle realisiert werden. Das sah dann wirklich gut aus, leider wurde aber nicht daran gedacht, ...
             

    

    
    
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dass die vielen Lämpchen (Bild) und versenkbaren Modelle, die im Relief Truppenstandorte und Einrichtungen symbolisierten, mittels Relais angesteuert wurden. Der Kohlestaub setzte sich auf den Kontakten ab und innert kurzer Zeit funktionierte nichts mehr. Wir Offiziere haben uns dann der Angelegenheit angenommen und jeweils so zwei Mal pro Woche während dem Nachtdienst die Kontakte wieder gereinigt.


    

Hauptanziehungspunkt im Militärpavillon war natürlich die 70mm-Fassung des noch heute vom Armeefilmdienst ausleihbaren Films, der mit ungeheurem Aufwand extra für die Expo gedreht wurde. Drei 70mm-  Projektoren warfen das Bild auf einen Teil einer Rundleinwand. Aber auch die vom Film nicht benötigte weisse Fläche hatte ihren Sinn. Sie verstärkte den Eindruck der "Atomexplosion" (Bild), die synchron zum Filmablauf mittels eines effizienten Lichtgenerators erzeugt wurde. Bei den ersten Testläufen hatte man allerdings nicht ausgeschlossen, ...

 

    
     
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. dass es während der "Explosion" zu Ohnmachtsanfällen kommen könnte. Diskret versteckte man zwei Tragbahren hinter dem Vorhang am Ausgang. Schreckerlebnisse können aber auch andere körperliche Auswirkungen haben. Gut, dass jeder Offizier einmal als Rekrut auch für die "WC-Tour" eingeteilt war (ganz bewusst ohne Bild). Später wurde dann die Rundleinwand teilweise - und auch die Relais - abgedeckt, was den Dienstbetrieb wesentlich erleichterte.
    
        
 

Nach dem Verlassen des Filmsaals konnten die Gäste noch eine ordentlich grosse Waffen- und Geräteschau (Bild) besuchen. Hier hätten nach Meinung der Militärverwaltung die "sieben jüngeren Offiziere" - also wir Leutnants - einzig für die Erteilung von Auskünften eingesetzt werden sollen. Ganz im Gegensatz zum anfänglich recht flauen Besuch der ganzen Expo wurde der militärische Bereich fast vom ersten Tag an regelrecht gestürmt. Minimal einer der Offiziere musste immer für den "Ordnungsdienst" eingesetzt werden, was schon ab der zweiten Woche neue Einsatzpläne nötig machte.

    

    
    
Dazu hatten sich alle  Offiziere rasch  Kenntnisse der andern Waffengattungen anzueignen; man konnte ja fragende Besucher nicht gut bitten, an einem Tag wieder zu kommen, wenn zufällig gerade der entsprechende Fachspezialist im Auskunftsdienst eingeteilt sei. Bei der Fliegerabwehr sorgte schon die Maquette der Bloodhound für Verwirrung; sie wurde vielmals als eine die gegenüber platzierte grosse Schweizer Fahne "angreifende" Boden-Boden-Rakete angesehen. Aber auch die 35mm-Flabkanone und das Radargerät "Fledermaus" (Bild) waren vielen Besuchern noch unbekannt ...

     

    
    
... und führten oft zu Fragen. Dabei durfte die Frage, warum denn die Beschriftungen an der Kanone (Bild) englisch waren, gar nicht beantwortet werden. Es handelte sich nämlich um ein Exemplar, das für Südafrika bestimmt war. Die bereits vorhandenen "eigenen" Kanonen wurden alle für die Schulung in Emmen gebraucht.
Gern wäre ich länger als zwei Ablösungen geblieben, aber ich wurde am andern Standort der Fliegerabwehrschulen, in Payerne, zum Abverdienen meines Leutnant-Grades erwartet. Dort wurde mir sogar Zeit für die Organisation eines Schlussrapportes der militärischen Expo-Mitarbeiter am 25. Oktober 1964 eingeräumt. 

    

    
    
Eine recht ansehnliche Anzahl Mitarbeiter aus allen Ablösungen meldete sich dann für diesen Anlass an. Nach rund fünf Millionen betreuter Gäste, nahmen wir zusammen von der Expo64, dem "Igel" und dem davor dominant aufgestellten "Hunter" (Bild) Abschied. Obwohl ich in der Einladung noch darauf hinweisen musste, dass das gemeinsame Essen selbst zu berappen sei, war dies dann aber doch nicht so. Hatte man
vielleicht noch ein geheimes Kässeli gefunden? Wahrscheinlicher dürfte aber sein, dass Oberst Zimmermann, während allen sechs Ablösungen die Seele des Betriebs, die Kosten selbst getragen hat.

     

  

alle Expo-Bilder ab Unterverzeichnis .../oew/expo/ abrufbar

(überarbeitet am 01.01.14 ...

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