Besuch bei drei russischen Militärakademien                                                                         
                      

Eines muss man bei allen drei besuchten Militär-Akademien ganz besonders hervorheben. Neben den öffentlichen Museen pflegen sie die Erinnerung an frühere Zeiten in vorbildlicher Weise. Dabei beschränken sie sich nicht nur auf die Geschichte ihrer Akademie, sondern zeichnen ganz generell die Entwicklung der von ihnen vertretenen Teilstreitkräfte nach. Dabei wird insbesondre auf die  Darstellung der Zeit des "Vaterländischen Krieges" 1941-1945 grosser Wert gelegt (Bild: Ehrensaal in der Akademie der Streitkräfte in Moskau). 

     

Wer in der Schweiz etwas über diesen Zeitraum erfahren möchte, kann heute auf einige Festungsmuseen und auf das Fliegermuseum - bald einmal zu einem Luftwaffenmuseum vergrössert - in Dübendorf zählen, die zwar mit offizieller Unterstützung, aber doch hauptsächlich dank privatwirtschaftlichem Sponsoring geschaffen wurden. Hingegen sind bei uns bisher all die vielen Bemühungen für ein umfassendes Armeemuseum gescheitert. Bei Monino, in der Nähe Moskaus, verfügt die russische Luftwaffe über zwei Museen, ein kleineres in der Akademie selbst (Bild) und die dank ihrem grossen Freigelände ...

     

... bekannte Ausstellung, über die noch besonders berichtet wird. Diese letztere eignet sich auch gut, um hier aufzuzeigen, dass diese Museen neben dem Weltkrieg auch andere Zeitperioden zur Darstellung bringen. Der Abschuss des amerikanischen Spionage-Flugzeugs U2 am 1. Mai 1960 war den älteren Teilnehmern noch gut in Erinnerung; hier konnten sie nun erstmals ein Trümmerteil im Original (Bild) sehen.   In St. Petersburg besteht, obwohl schon Zar Peter der Grosse der Admiralität ein Zentrales Marinemuseum angegliedert hat, dennoch ein ...

     

... internes Museum der Marineakademie mit übersichtlichen Darstellungen und interessanten Ausstellungsstücken (Bild). Dass zudem in St. Petersburg auch ein Museum der Artillerie, der Genie- und der  Übermittlungstruppen mit über 50'000 Sammlungsgegenständen existiert, sei hier zusätzlich erwähnt, um das grosse Interesse, das das offizielle Russland seiner militärischen Geschichte entgegenbringt,  noch zu unterstreichen. Doch wir wollten ja nicht nur die Museen der Akademien besuchen, vielmehr erwarteten wir einiges an Informationen über deren Tätigkeit. 

     

Dass sich die Chefs und ihre Mitarbeiter hauptsächlich über die Ausbildung an ihren Akademien äussern würden, war ja naheliegend. Um das Gehörte und Gesehene aber in einen Gesamtrahmen stellen zu können, wären natürlich zusätzliche Informationen über Struktur und Doktrin der Teilstreitkräfte äusserst nützlich gewesen. Da aber auf in diese Richtung zielende Fragen zum Beispiel in der Akademie der Streitkräfte (Bild) in Moskau keine Auskünfte zu erhalten waren, weil man dafür nicht zuständig sei, blieb der Sinn der gezeigten Ausbildung ...  

     

... im Bereich Technik weitgehend verborgen. Welchen Sinn haben Modelle von Bremssystemen der Lastwagen oder des Nachladevorgangs bei Panzern (Bild) an einer Führungsschule, die doch erst seit kurzem nicht mehr nach General Frunse, einen Militärtheoretiker, benannt ist? Auch an der Juri-Gagarin-Akademie der Luftwaffe in Monino wurde die Frage nach der Struktur der Truppe gerade mal in einem Satz abgehandelt; sinngemäss müsste ich künftig auf Fragen nach der  Schweizer Luftwaffe lapidar - und auch nicht ganz korrekt - mit "sie ist zurzeit in etwa fünf Brigaden gegliedert" antworten. 

     

Von den verschiedenen Schautafeln (Bild) boten nur die "bebilderten" Anhaltspunkte über die Ausbildungstätigkeit, weil sie, wie erwartet, nur russisch getextet waren. Effektiv etwas von der Ausbildung an der Akademie zu zeigen, war offenbar gar nicht vorgesehen. Und wie schon beim CPIS konnte man an allen drei Akademien bemerken, dass das Sprichwort "was man schwarz auf weiss besitzt, kann man getrost nach Hause tragen" völlig unbekannt ist. Auch wenn Unterlagen ebenfalls nur in russisch abgegeben worden wären, hätte man sie "wieder zu Hause" in aller Ruhe übersetzen können.

     

Sichtlich Unbehagen (Bild) bereitete in der Akademie der Luftwaffe auch die Frage nach der Anzahl der Flugtrainingsstunden der russischen Piloten. Nach einigem Zögern wurde sie aber doch beantwortet. Die zur Verfügung stehenden Finanzen würden eine einsatzgenügende Zahl für alle Piloten nicht erlauben. Dies wäre im Hinblick auf einen immerhin möglichen Bedarf nach einem erweiterten Einsatz der Luftwaffe von grosser Bedeutung. Man rechne aber damit, diesen Zustand in absehbarer Zeit wieder verbessern zu können. 

     

Irgendwie passte zu den etwas düsteren Aussichten der russischen Luftwaffe die abgedunkelten Räumlichkeiten ihres Offizierskasinos. Beim anschliessenden Lunch färbte dies aber in keiner Art und Weise auf die Stimmung ab. Vielmehr kam in etwa das selbe Zeremoniell zur Anwendung, das wir bereits von unserm Besuch bei der 27. Infanterie Brigade her kannten. Auch hier kam vielfach die schweizerische Neutralität zur Sprache; dass wir im Gegensatz zu mehreren Oststaaten nicht Vollmitglied der NATO werden wollen, wird in Russland offenbar sehr begrüsst. Dies bemerkten wir am ...

     

... nächsten Tag auch wieder beim Lunch in der Marineakademie - "same procedure as yesterday" (Bild) - in St. Petersburg. Zuvor hatten wir natürlich auch hier den von den Übersetzern wiedergegebenen Aussagen der für die Ausbildung Verantwortlichen gelauscht. Die grosse Betroffenheit über das Schicksal des Unterseeboots "Kursk" und ihrer Mannschaft wurde recht bald deutlich. Andrerseits bleibe halt auch die Seefahrt vor Katastrophen nie ganz verschont; anders als bei der Luftfahrt wären sie aber seltener und würden daher  stärker zur Kenntnis genommen.

     

Die Ausführungen im grossen Saal (Bild) der nach Flottenadmiral Kusnetzow benannten Akademie fanden aus mehreren Gründen unser besonderes Interesse, obwohl wir ja über keine Kriegsmarine und nur über eine kleine Handelsmarine verfügen. Das lag in erster Linie natürlich an dem für uns nicht alltäglichen Themenbereich, zweitens waren die gezeigten Schaubilder in englisch und damit auch ohne Übersetzer verständlich; und drittens wurde uns versprochen, einen auf elektronischer Basis arbeitenden Seekriegssimulator ...

     

... zu zeigen, den wir nach dem Rundgang durch verschiedene andere Räume der Akademie - einschliesslich der imposanten Bibliothek - dann prompt auch zu sehen bekamen. Während die beübten Kader an originalgetreuen Arbeitsplätzen (Bild) im Einsatz sind, werden Lage und verlangte Auswertungen über normale PC's, die an einem Serversystem hängen, gesteuert. Damit war dann unser militärisches Besuchsprogramm abgeschlossen, für das ein besonderer Vertrag zwischen den beiden Verteidigungsministern nötig war. Wenn bei einer künftigen Wiederholung ... 

     

... Aufwand und Ertrag für die Teilnehmer noch etwas optimiert werden können, wird sicher niemand etwas dagegen haben. Dass dieses Verhältnis bereits bei dieser erstmaligen Durchführung (Bild von der Verabschiedung in der Marineakademie) positiv beurteilt wurde, ist weitgehend dem unermüdlichen Einsatz unseres Reiseleiters, Oberst im Generalstab von Erlach, zu verdanken.

     

      

  

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(erstellt am 01.07.01 ...